Talent ist nicht alles
Pressekonferenz in Innsbruck. Mona Mitterwallner ist gerne dabei, unter einer Bedingung. „Wenn ich mit dem Radl kommen kann.“ Gesagt, getan, getreten. Die 21-Jährige erklimmt die Rampe auf den Bergisel mit Leichtigkeit und einem Lächeln. Trotz eineinhalbstündiger Anreise und dem Wissen, dass sie erst die halbe Strecke zurückgelegt hat.
„Bevor ich im Training zehn Minuten weniger fahre, fahre ich lieber eine halbe Stunde mehr“, lacht Mitterwallner, die es in ihrem ersten Jahr in der Elite gleich fünf Mal unter die Top-5 schaffte. Den ersten Weltcup-Sieg im Feld der weltbesten Mountainbikerinnen verpasste sie zwei Mal nur ganz knapp. Eine Corona-Infektion später war der Rest der Saison aber zum Vergessen.
Atemnot und Herzrasen
„Davor war ich drei Jahre gesund, aber letztes Jahr hat es mich gleich drei Mal erwischt. Zwei Mal Corona, einmal die Grippe“, musste die mehrfache Weltmeisterin in verschiedenen Nachwuchsklassen bei der EM auf die harte Tour lernen, dass mehr nicht immer besser ist. Atemnot und Herzrasen statt Siegerehrung und Medaille. „Es war zu früh! Ich habe nicht mehr rational gedacht, weil ich unbedingt starten wollte.“
Das mit dem Abschalten klappt für Mitterwallner („Ich bin ja noch jung!“) nach wie vor nur sehr selektiv, immerhin hat sie den Regler für das Volumen im Training in den Wintermonaten etwas zurückgedreht. „Letztes Jahr habe ich probiert, alles gleich zu lassen wie 2021, als ich so erfolgreich war. Aber das Leben bleibt nicht stehen. Wenn du stehen bleibst und die Welt sich verändert, funktioniert das nicht. Ich will mich für Neues öffnen und mir selbst treu bleiben. So gehe ich in die heurige Saison.“
Ziel Gesamt-Weltcup
In der ist der Gesamt-Weltcup im Cross Country das erklärte Ziel. „Das möchte ich heuer unbedingt erreichen!“ Gleich dahinter kommen für Mitterwallner die Europaspiele in Krakau-Malopolska, für die sie ihren Startplatz fix hat. Ob sie wirklich nach Polen reist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dass davor und danach insgesamt drei Weltcup-Rennen stattfinden, muss kein Nachteil sein. „Klar ist: Wenn ich bei den Europaspielen starte, möchte ich um die Medaillen mitfahren!“ Bei Laura Stigger, der zweiten Ötztalerin im Elite-Zirkus, verhält es sich ähnlich. Sowohl was Planung als auch Zielsetzung betrifft.
Zwei Olympiatickets
Spätestens bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris wollen dann beide für Österreich ins rot-weiß-rote Trikot schlüpfen und am Elancourt Hill um die Medaillen (mit)fahren. Anders als in Tokio sollten sich diesmal nämlich zwei Quotenplätze ausgehen; aktuell sind die beiden Olympia-Tickets gut abgesichert. „Die Vorzeichen sind gut, aber wir werden uns nicht auf unserem Polster ausruhen. Mit einer soliden Saison sollten wir die beiden Olympia-Startplätze ins Ziel bringen.“
Keine Freundinnen
Auf der Strecke sind die Silzerin Mitterwallner und die Haimingerin Stigger – die beiden Gemeinden liegen keine zehn Radminuten auseinander – Gegnerinnen. Und abseits davon? „Wir kennen uns, haben nichts gegeneinander. Aber ich würde es nicht als Freundschaft bezeichnen. Wir trainieren nicht gemeinsam, haben ein unterschiedliches Umfeld. Aber vielleicht lernen wir uns mal besser kennen, momentan ist dafür jedoch keine Zeit“, sagt Mitterwallner, die – und auch das verbindet sie mit Stigger – 24 Stunden für ihren Sport lebt.
„Im Spitzensport gehst du nie heim, da muss man die richtige Balance finden.“ Zwischen Be- und Entlastung. Sein und Nichtsein. Sieg und Niederlage. Für 2023 hat sich die Marathon-Weltmeisterin eine Botschaft aufgeschrieben: Vertraue auf dich selbst. „Ich gewinne Rennen nicht, weil ich so unglaublich talentiert bin, sondern ich gewinne, weil ich einen unglaublich starken Kopf habe.“
Diese Geschichte ist Teil des Olympia Report 1 | 2023. Für weitere spannende Storys und Interviews hier entlang: