Ein Hauch fehlte
Am Sonntag absolvierte Enzo Diessl im Vorlauf über 110 m Hürden sein Olympia-Debüt und verpasste mit 13,63 Sekunden als Sechster seines Laufes den direkten Einzug ins Semifinale nur um 0,20 Sekunden. Am Dienstag durfte er noch einmal ran, die Hoffnungsrunde bot ihm eine zweite Chance ins Halbfinale aufzusteigen. Der Junioren-Europameister hatte den Vorlauf mit seiner Trainerin Beate Hochleitner analysiert und ein paar Punkte gefunden, die er heute besser machen wollte. Vor allem in der zweiten Rennhälfte sollte der 20-Jährige aggressiver sein, um das Tempo bis ins Ziel besser mitnehmen zu können. Eine Zeit unter 13,50 Sekunden war damit das Ziel, der Aufstieg natürlich das Traum-Szenario. Mit Freddy Crittenden (USA) und Asier Martinez (ESP) waren aber zwei Hürdensprinter in seinem Lauf, die deutlich zu favorisieren waren, und nur die Top-2 kamen eine Runde weiter.
Knapp am Semifinale vorbei
Der Steirer kam mit einer sensationellen Reaktionszeit von 0,109 Sekunden ausgezeichnet aus den Blöcken und lag bei der vierten Hürde hinter Junxi Liu (CHN) sogar auf Platz 2. Dann kamen aber die beiden Favoriten auf und zogen noch vorbei. Sieger wurde Crittenden in 13,42 Sekunden, Zweiter Martinez mit 13,46 Sekunden, für Enzo Diessl stand Rang 4 und eine Zeit von 13,56 Sekunden auf der Anzeigetafel. Somit fehlte dem jüngsten Teilnehmer in dieser Disziplin nur eine Zehntelsekunde um ins Semifinale der besten 24 Athleten der Welt einzuziehen. Nach dem hervorragenden Beginn der Freiluftsaison mit der mehrmaligen Verbesserung des ÖLV-U23-Rekordes bis auf 13,40 Sekunden und dem Start bei der EM in Rom ging die Form nach der zweiwöchigen Erkrankung im Juni aber verloren, das konnte der Leibnitzer bis Paris sichtlich nicht mehr ganz wettmachen. Damit enden seine ersten Olympischen Spiele mit dem respektablen 29. Platz. Die Zukunftsaussichten des jüngsten im ÖLV-Team sind aber durchaus rosig, ist doch gerade der Hürdensprint eine Disziplin, in der die meisten Athleten erst Mitte ihrer 20er-Jahre ihre Top-Leistungen erreichen.
„Die Devise heute war aggressiver sein, das war ich heute sicher. Hinten raus war es schon ein wenig frustrierend, weil es eigentlich mein stärkerer Teil ist. Da merkt man schon die fehlende Substanz, wir konnten nach der Erkrankung auch die ganzen langen Läufe mit 11 oder 12 Hürden nicht mehr richtig machen. Natürlich bin ich einerseits stolz unter diesen Umständen so performt zu haben, andererseits ist es natürlich schade, dass ich nicht mehr die Form vom Frühjahr erreichen konnte. Ich konnte den Lauf heute aber sehr genießen, ließ mich von dem ganzen Drumherum nicht beeinflussen und blieb fokussiert“, verrät Diessl und ergänzt: „Es waren sicher die besten ersten 5,6 Hürden die ich jemals gelaufen bin. Dann habe ich einen leichten Schlag bekommen, da verliert man auch etwas den Rhythmus. Aber im Großen und Ganzen bin ich zufrieden, ich werde daraus lernen und es pusht mich sicher für die Zukunft. Jetzt werde ich in den nächsten Tagen noch meine Teamkollegen anfeuern und will von ihnen lernen, denn sie bringen es bei Großereignissen immer genau auf den Punkt.“