Eine Medaille ist das Ziel
Die lange Durststrecke ist zu Ende! Mit Max Kühner, Gerfried Puck, Katharina Rhomberg und Ersatzreiter Christoph Obernauer hat Österreich erstmals seit Atlanta 1996 wieder ein Springreit-Team bei Olympischen Spielen am Start. Beim Medientermin im Austria House im Pariser Park Montsouris machte die Equipe schon einmal sehr gute Figur – und sprach von ganz hohen Zielen…
Bei brütend heißen 32 Grad entwickelte sich das kleine, aber feine ÖOC-Studio zum Schwitzkasten. Schließlich musste die laut brummende Klimaanlage für den guten Ton abgedreht werden. Der Qualität der Antworten von Team Austria konnte dies keinen Abbruch tun.
Christoph Obernauer, der mit Kleons Renegade als Ersatzreiter bereitsteht, eröffnete: „Ich vergleiche meine Rolle gerne mit dem eines Ersatztorhüters beim Eishockey. Es kann bis zur Schluss-Siren passieren, dass ich zum Einsatz komme. Darauf bereite ich mich vor, wie wenn ich fix starten würde. Für mich ändert sich nichts, es geht nur darum, ob ich die Minute im Parcours reite, oder eben nicht.“
Gerfried Puck, mit 51 der an Jahren reifste Teilnehmer des gesamten 81-köpfigen Olympic Team Austria in Paris 2024, fügte rasch hinzu: „Obi (Anm.: Christoph Obernauer) ist mit uns gleichgestellt. Er ist auch in einer bestechenden Form.“
Olympia-Traum geht in Erfüllung
Für den gebürtigen Kärntner, der wie seine Teamkollegen Kühner und Obernauer für den Reitklub Kitzbühel Mauring startet, ist nach sieben Championats-Teilnahmen endlich auch der Olympia-Traum in Erfüllung gegangen. „Dass ich es in Paris doch noch zu Olympischen Spielen geschafft habe, ist in meinem Alter – am Ende der Karriere – eine super Sache. Naxcel ist als Fohlen zu uns gekommen. Wir arbeiten seit über zehn Jahren zusammen. Diese Teilnahme ist eine große Genugtuung und ein Zeichen der jahrelangen hervorragenden Zusammenarbeit.“
Und wenn es nach Puck geht, ist die Geschichte noch nicht zu Ende erzählt: „Das große für uns war Olympia. Wir haben es oftmals probiert, haben es aber knapp nicht geschafft. Jetzt sind wir hier, das ist nicht nur für uns, sondern auch für Österreichs Pferdesport eine schöne Geschichte. Ich will nicht nur im Team, sondern auch im Einzel vorne mitreiten. Wir sind in der Weltspitze dabei, das haben wir in den letzten zwei Jahren bewiesen. Unsere Form ist gut und wir sind mehr als konkurrenzfähig. Wenn man bei einem großen Turnier ins Spitzenfeld reitet, ist man zufrieden, hier in Paris zählen nur die Medaillenränge. Wir haben als Mannschaft viel geschafft, träumen ist erlaubt. Wir können gemeinsam etwas Großes schaffen.“
Pferdetausch in letzter Sekunde
Katharina Rhomberg, die erste Frau, die für Österreich bei Olympischen Spielen im Springreitsattel sitzen wird, begründet ihren spontanen Pferdetausch von Routinier Cuma 5 auf den neunjährigen Jungspund Colestus Cambridge: „Ich habe das Glück, dass ich zwei super Pferde habe. Ich habe lange hin und her überlegt, mich aber schlussendlich für Colestus entschieden. Er hat auch bei den großen Springen schon konstant gute Leistungen gezeigt und findet sich in schwierigen Parcours gut zurecht – das war ein wichtiger Faktor im Entscheidungsprozess. Er fühlt sich richtig fit an, daher habe ich mich gegen Cuma – auch wenn die Erfahrung für ihn gesprochen hätte – entschieden.“
Zur Zielsetzung denkt die 32-jährige Vorarlbergerin, die im Olympiazentrum Vorarlberg betreut wird, genauso wie ihre männlichen Teamkollegen: „Wir alle träumen von einer Medaille, das haben wir auch bei der EM im letzten Jahr gezeigt. Wir können mit Top-Nationen mithalten. Wenn wir hier nicht träumen dürfen, dann wären wir am falschen Ort. Unsere Ziele sind hoch, wir werden alles geben. Der Parcours wird sicherlich technisch sehr anspruchsvoll werden. Wir werden präzise und sehr genau reiten müssen und sind gefordert, dass wir Nullfehlerrunden zusammenbringen.“
„Ohne Vertrauen funktioniert dieser Sport nicht“
Teamleader Max Kühner, aktuelle Nummer drei der Welt erzählte, wie er und sein Sportpartner Elektric Blue P zusammengefunden haben: „Blue ist schon sehr lange bei uns. Ich habe ihn gesehen und es war sofort Liebe auf den ersten Blick – er war zwei Jahre alt, als ich ihn dann gleich gekauft habe. Seit diesem Tag arbeiten wir zusammen, er hat einen super Charakter. Er mag den Sport, er ist in seiner Art und Weise einfach genial. Er macht das auch richtig gerne, das merkt man in der täglichen Arbeit. Es ist eine neue Situation für uns, aber wir haben eine starke Basis. Es ist einfach eine Vertrauenssache.“
Den Olympia-Parcours fürchtet Kühner nicht: „Wir wissen, wer die Parcoursbauer (Anm.: der Franzose Gregory Bodo und der Spanier Santiago Varela Ullastres) sein werden. Den letzten Parcours, den der Franzose gebaut hat, konnte ich in St. Tropez gewinnen. Er tastet sich auch heran und probiert im Vorfeld einige Dinge aus. Ich habe ein paar Dinge gesehen, die er abgefragt. Das lässt man natürlich auch ins Training miteinfließen. Ich bin überzeugt, dass wir sehr gut vorbereitet sind.“
Apropos Vorbereitung. Kühner: „Ich arbeite viel im mentalen Bereich, aber auch meine Pferde. Da gibt es intensive Abstimmungsprozesse. Wir hören genau zu, was uns das Pferd sagen will und wie es drauf ist. Erfolgreich kann man nur sein, wenn die Pferde zu hundert Prozent bei uns sind. Wenn es drauf ankommt und im Stechen Millisekunden entscheiden, dann verschmilzt unser Geist mit dem Pferd. Wenn da irgendetwas dazwischensteht, ein Schmerz, ein missbrauchtes Vertrauen – dann funktioniert dieser Sport definitiv nicht.“
Das Olympia-Programm
Am Mittwoch steht der Vet-Check am Programm, am Donnerstag beginnt der Teambewerb mit 20 Equipen, die besten zehn stehen am Freitag im Finale. Das Einzel beginnt mit 75 Paaren am Montag, 5. August. Am 6. August findet das Finale mit den besten 30 Paaren statt.