Eine einzigartige Karriere
Vom kommenden Freitag bis Sonntag (25. bis 27. Juni) findet in Innsbruck die Staatsmeisterschaft in Rhythmischer Gymnastik statt. 64 Elite- und Junioren-Gymnastinnen sind gemeldet – doch ein letztes Mal wird eine von ihnen besonders im Mittelpunkt stehen: Nicol Ruprecht, mit 28 Jahren die global „älteste“ Weltklasse-Athletin dieser Sportart, tritt mit dem Abschluss der Wettkämpfe offiziell zurück. Ihr Ziel nach der kürzlich knapp verpassten zweiten Olympia-Qualifikation: „Ich möchte jede Sekunde genießen und zeigen, wie gut ich eigentlich in Form bin.“
Nicol Ruprecht ist seit 2013 in Österreich ungeschlagen und hat im Lauf ihrer Karriere bereits 47 Staatsmeistertitel gewonnen. Im heimatlichen Tirol können bei ihrem letzten Wettkampf noch bis zu sechs weitere (1x Mehrkampf, 4x Einzelgeräte, 1x Team) dazu kommen. Wie auch immer: Ruprecht ist und bleibt in der ewigen österreichischen Rangliste damit die Nr. 2 hinter Caroline Weber, die direkt vor ihr zwischen 2003 und 2012 insgesamt 55x gewonnen hatte.
Der Unterschied beim Vergleich der beiden RG-Allzeitgrößen: Caroline Weber stand schon im dritten Jahr ihrer Elitekarriere ganz oben am rot-weiß-roten Siegerinnenpodest. Nicol Ruprecht brauchte hinter ihr hingegen sechs Jahre und 16 Vizestaatsmeistertitel, alle hinter Weber, bevor ihre Dominanz einsetzte. Mehrfach kam Ruprecht knapp heran, einmal waren Weber und sie sogar punktegleich, jedoch lag Ruprecht wegen einer Tie-Break-Regel nicht ex aequo vorne. „Dabei hat es bei mir zu Beginn überhaupt nicht nach einer Spitzensport-Karriere ausgesehen“, staunt Nicol Ruprecht heute noch ein wenig, „wie sich das alles entwickelt hat“.
Vom Nachwuchs-Mittelmaß zur Weltklasse
Nicol Ruprechts Karriere-Entwicklung kann allen Talenten und Nachwuchs-Gymnastinnen Mut geben, die heute „nur“ im Mittelfeld abschneiden. Die spätere 19-fache WM- und EM-Teilnehmerin, Olympia-Teilnehmerin 2016, EM-Sechste, Weltcup-Vierte und dreimalige WM-Finalistin war in ihrer Kindheit und Jugend nämlich selbst nur Mittelmaß. 2003 findet sich z.B. ein 16. Platz bei der österreichischen Jugendmeisterschaft im Ergebnis-Archiv, ein Jahr später ein zwölfter. Und dann kam irgendwann der weichenstellende Moment, an dem die damals Neo-Nationaltrainerin Luchia Egermann bei ihr trotzdem genauer hinsah…
Nicol Ruprecht heute, nach insgesamt 14 Elitejahren und mehr als 20 in ihrem Sport: „Zu Beginn habe ich das alles nicht so besonders ernst genommen, mehr gespielt, als ernsthaft Leistungssport betrieben.“ Trainerin Luchia Egermann: „Anfangs hatte niemand verstanden, warum ich Nici zu mir geholt habe. Ich habe deshalb viel Kritik gehört, aber das Spezielle besonders in ihren Augen gesehen. Es startete holprig, dann hat es im Training rasch gut funktioniert. So habe ich ihr die Möglichkeit gegeben, zuerst im Schatten von Caro, dann neben ihr, langsam zu wachsen. Das hat sich ausgezahlt. Nun haben wir 17 gemeinsame Jahre hinter uns, unglaublich.“