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Hebis heilende Hände

Er ist einer der gefragtesten Männer des Olympic Team Austria: Thomas Hebenstreit, der Physiotherapeut des ÖOC. Beinahe an allen hat er schon Hand angelegt, immerhin bestreitet er in Tokio seine insgesamt 23. Spiele für das ÖOC – rekordverdächtig. 2008 in Peking machte er seine ersten großen Olympischen Spiele, dazu kommen zahlreiche Einsätze bei Youth Olympic Games, European Games, European Youth Olympic Festivals, World Beach Games … und allem, wo seine geschätzten Dienste vonnöten sind. Wenn es sein muss, springt Hebenstreit sogar als Trainer ein, wie geschehen am Donnerstag, als Flachwasserkanutin Viktoria Schwarz plötzlich ohne ihren erkrankten Coach auskommen musste. Für den langjährigen Schwimmtrainer kein Problem. “Bei beidem gibt es Wasser und Bahnen, nur das Boot kommt dazu”, grinst der Mann für alle Fälle.

Während einige Sportarten ihre eigenen Physios mit dabeihaben und diese mit ihrem jeweiligen Team an- und abreisen, ist “Hebi” über die volle Distanz, von 14. Juli bis 9. August in Tokio für sechs Sportarten und jeden, der ihn braucht, im Einsatz. Da kommt es schon vor, dass er in der Turnhalle Elisa Hämmerle wieder fit bekommt, auf dem Weg an der Bushaltestelle Skateboarderin Julia Brückler versorgt und wenig später bei Oliver Marach und Philipp Oswald am Tennisplatz sitzt.

“Ich bin schon so lange dabei – 21 Jahre im Geschäft – da kennt man einfach alle”, sagt Hebenstreit, der früher selbst auf der Linzer Gugl als Schwimmer Leistungssport betrieb. Aus dieser Zeit pflegt er noch immer gute Kontakte zu vielen Trainern, zudem war er elf Jahre lang im Olympiazentrum Oberösterreich, zehn Jahre für den Turnverband tätig und baute in Linz ein Therapiezentrum auf, das kürzlich seinen zweiten Standort eröffnete. Diverse Funktionäre, Trainer und Sportler klopfen regelmäßig bei “Hebi” an. Durch seine Engagements bei den kleineren Spielen lernt er viele Athleten schon in jungen Jahren kennen, die später auch zu den großen Spielen fahren. “Ich habe so viele Jugendspiele betreut, Sommer und Winter. Da sind wir maximal zu zweit, oft bin ich auch allein, da mache ich dann wirklich alles. Ebenso in der Praxis: Außer vielleicht Billard und Schach war da schon alles dabei”, sagt Hebenstreit.

“Du lebst von der Erfahrung”

Diese Erfahrung in verschiedensten Sportarten braucht es auch, ist er sich sicher: “Wenn du beispielsweise nie Tennisspieler betreut hast, merken die Sportler sofort, dass du unsicher bist oder zu viel fragst, weil du dich nicht auskennst. Das ist nicht gut, du musst involviert sein und auch die Sprache der Sportler sprechen. Wenn du beim Turnen dabei bist und keinen Tau hast, was ein Rondat oder ein Tsukahara ist, dann ist das eher blöd.”

Zudem unterscheiden sich die körperlichen Beanspruchungen von Sportart zu Sportart sehr. “Meiner Meinung nach musst du als Physiotherapeut extrem gut im Analysieren von sportartspezifischen Mustern sein. Mit Videoanalysen kannst du die Biomechanik detailliert herausarbeiten und ableiten, welche Strukturen, welche Muskeln überlastet oder verletzt sein könnten”, erklärt er. “Du lebst in diesem Job aber einfach auch von der Erfahrung, das merke ich bei mir. Wenn ich zurückblicke, als ich damals mit meinen ersten Spielen angefangen habe und das mit heute vergleiche, da habe ich so viel dazugelernt.”

Die Trainingsverletzung von Elisa Hämmerle, wenige Tage vor dem Olympia-Wettkampf eine wahre Schrecksekunde für Österreichs Vorzeigeturnerin, war dafür ein gutes Beispiel. “Da brauchst du nur hinschauen und weißt genau, aus welcher Dynamik, aus welcher Bewegung heraus die Verletzung passiert ist. Es macht einen großen Unterschied, ob es beim Absprung oder bei der Landung geschieht, obwohl das im Bruchteil einer Sekunde mit freiem Auge schwierig zu erkennen ist. Aber biomechanisch gesehen sind das sofort zwei völlig unterschiedliche Ausgangssituationen für die Diagnose und Behandlung einer Verletzung”, sagt der seit Kurzem erste und einzige österreichische Inhaber des IOC Diploma in Sports Physical Therapies, der höchsten internationalen Sportphysio-Ausbildung des Internationalen Olympischen Comites. Zwei Jahre dauerte sie, inkl. Abschlussprüfung und wissenschaftlicher Arbeit.

Ein Zauberer bis in die höchsten Ebenen

In seiner langen Laufbahn gab es schon einige absolute Härtefälle, die kurz vor wichtigen Wettkämpfen wieder fit gemacht werden mussten. “Da haben wir wirklich das eine oder andere Mal zaubern müssen. Wenn Sportler am selben Tag, manchmal noch beim Aufwärmen Schmerzen haben, dann musst du schon ein paar Handgriffe und Tricks auspacken. Denn Schmerzen sind natürlich auch immer eine mentale Einschränkung”, weiß Hebenstreit.

“Genau das ist mein Job: Die Sportler funktional auf den Platz zu bringen, damit sie wissen, sie können voll sprinten, schlagen, schießen oder was auch immer. Die Athleten wertschätzen das mittlerweile auch sehr. Der Job des Physiotherapeuten ist für die Sportler sicher wichtiger geworden, früher waren wir salopp gesagt die besseren Masseure”, ortet er einen Wandel in der Wahrnehmung seines Berufs.

Die Bedeutung von Physiotherapeuten geht dabei oft über das Körperliche hinaus. “Für viele Sportler sind wir auch psychologisch wichtig, weil wir so nah an ihnen dran sind, dass wir oft viel mehr Vertrauensperson sind als etwa ein Trainer. Sie erzählen uns oft mehr als ihrem Coach”, sagt Hebenstreit. “Dadurch, dass wir taktil arbeiten, die Leute angreifen, bewegen wir uns automatisch auf einer anderen zwischenmenschlichen Ebene. Bei uns hat man auch Zeit, über alles mögliche zu plaudern. Daher ist es wichtig, dass die Chemie stimmt. Wenn keine Sympathie da wäre, dann wäre das nicht optimal, denn die Sportler müssen mir vertrauen können.”

Psychologische Schulung ist auch Teil der Ausbildung, denn gerade Verletzungen sind Ausnahmesituationen, haben sie doch das Potenzial, Träume platzen zu lassen und Karrieren zu beenden. “Da Wichtigste ist, das du weißt, wie du dich bei den einzelnen Sportarten und Athleten verhältst. Zurückhaltung ist dabei immer gut, wenn du Ruhe ausstrahlst und nicht überdreht und zu euphorisch bist. Junge Kollegen haben dieses Problem manchmal. Sie sind das erste Mal dabei, drehen durch und glauben, sie müssen tausend Fotos schießen. Für die Sportler kann das lästig sein, die haben ohnehin genug Trubel”, weiß Hebenstreit.

Wie angesehen er in der Olympischen Familie ist, zeigt ein persönliches Highlight aus dem Jahr 2018, als er niemand geringeren als IOC-Präsident Thomas Bach therapierte. “Mit seinen brutalen Kreuzschmerzen ist er doch tatsächlich zu uns Ösis gekommen, weil sein guter Freund Karl Stoss meinte: ‘Du musst zum Hebi.’ Mit zwei Bodyguards ist er bei mir im Physio-Raum angetanzt, dann habe ich ihn zwei Stunden lang bearbeitet und er ist wieder fit die Stiegen runter gerannt”, berichtet Hebenstreit, der mit viel Passion von seinem Job erzählt. “Man erlebt viel”, fasst er noch schnell zusammen, ehe der nächste Einsatz ruft.

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