"Ich bin erstaunt, wie wenig nervös ich war"
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Eine solche Leistung hätten Lea Siegl trotz ihres ausgewiesenen Talents wohl nur die Wenigsten zugetraut. Die 22-Jährige überzeugte in Tokio bei ihren ersten Olympischen Spielen voll und holte auf Fighting Line den 15. Platz in der Vielseitigkeit.
Ein sensationelles Ergebnis, auch wenn die selbstkritische Oberösterreicherin direkt nach dem Finale noch mit einem Fehler beim letzten Sprung haderte. “Ich bin immer recht streng mit mir, dabei will ich eigentlich nur mein Bestes geben. Man muss sie selbst auch Fehler verzeihen können und im Grunde ist Finale halt Finale, in ein paar Jahren wird sich vermutlich keiner mehr darin erinnern”, versuchte Siegl mit sich ins Reine zu kommen. Grund zum Groll ist ob der hervorragenden Leistungen der jüngsten Teilnehmerin im Feld auch nicht gegeben.
Mit Lockerheit zum Ziel
Eben dies – ihr Alter – kann sie dabei fast schon nicht mehr hören. “Darauf werde ich bei jedem Interview angesprochen. Es kommen immer Fragen wie: ‘Du bist die Jüngste, verspürst du einen bestimmten Druck?’ Aber eigentlich, denke ich mir, ich bin die Jüngste, ich habe den wenigsten Druck, weil ich hoffentlich noch genug Jahre Zeit habe, die Erfahrung zu sammeln”, dreht Siegl den Spieß um. “Von daher bin ich es locker angegangen und bin eigentlich erstaunt, wie wenig nervös ich war. Ich bin schon viele andere Turniere geritten, bei denen ich aufgeregter war. Vor allem wenn ich in der Dressur vorne lag, dann wollte ich im Gelände und Springen extra bei Null bleiben. Es freut mich, dass ich hier mental cool geblieben bin – bis auf den letzten Sprung.”
Es locker anzugehen und einfach zu genießen war auch ein Tipp von Vater und Trainer Harald Siegl, 2004 selbst Der Olympia-Teilnehmer. “Das haben mir alle gesagt”, meint Lea, die diesen Ratschlag umsetzen und das Olympia Feeling aufsaugen konnte.
Überwältigende Unterstützung aus der Heimat
“Es war einfach ein cooles Erlebnis, hier dabei gewesen zu sein. Es ist etwas ganz Anderes, im Vergleich damit, was ma sonst so erlebt. Das große Stadion, überall Presse und alleine wie viele Nachrichten, Fotos und Storys ich bekommen habe. Von Freunden und Fans zuhause, die in der Nacht aufgestanden sind, um mir zuzuschauen und die Daumen zu drücken. Das war total überwältigend, wie viele mich da von zuhause aus angefeuert und unterstützt haben”, erzählt sie. “Diese Reise dauert jetzt ja eigentlich schon einen Monat. In der ganzen Vorbereitung arbeitet man immer auf diese drei Tage hin. Jetzt bin ich glücklich, dass es so gut gegangen ist und es für eine Platzierung gereicht hat. Mein großes Ziel war ja das Finale, das habe ich geschafft”.
Papa Harald zeigte sich überglücklich und stolz: “Schon als Kind wollte Lea immer Olympia-Reiterin werden, jetzt hat sie sich diesen Traum erfüllt. Es war eine sensationelle Leistung und jeder der Teilbewerbe stark. Der kleine Fehler beim letzten Sprung war der Leas einziger im gesamten Wettbewerb.”
Vorfreude auf Essen im Olympischen Dorf
Nach dem absolvierten Wettkampf übersiedelt Siegel bis zu ihrem Rückflug am Freitag noch ins Olympische Dorf, um das besondere Flair zu genießen. Dabei freut sie sich auf gleich zwei Dinge. “Erstens ist es cool, dort die ganzen anderen Sportler zu treffen. Und zweitens: Das gute Essen. Hier in unserem Hotel ist die Auswahl nicht so groß und die asiatische Küche ist nicht ganz so meines. Ich esse schon jeden Tag mittags und abends Nudeln mit Tomatensauce. Auf die Riesenauswahl im Dorf freue ich mich schon richtig”, verrät Siegl, die die kulinarische Köstlichkeiten im Zuge ihres Besuchs im digitalen Austria House bereits kurz erkunden konnte.
Noch mehr Olympia Flair will die 22-Jährige dann in Paris spüren. “Das ist auf jeden Fall der Plan. Tokio ist mir eigentlich so reingerutscht, damit habe ich nicht gerechnet. Als Einzelreiterin einen Startplatz zu bekommen ist extrem schwer, man muss in der Weltrangliste ziemlich weit vorne sein. Dadurch, dass die Saison 2019 so gut gegangen ist, hat es plötzlich geheißen, dass ich einen Startplatz für die Spiele erritten habe. Ich konnte das anfangs gar nicht glauben”, gibt Siegl zu. Das eine Jahr mehr Zeit durch die Verschiebung sei ihr dann zugute gekommen. “Jetzt bin ich da und sehe es ein wenig als Probelauf für Paris. Ich freue mich, dass es jetzt schon geklappt hat und dass ich die Möglichkeit hatte, hierher zu fahren. Das große Ziel ist aber Paris, da werde ich dann auch schon die Erfahrung haben und dann passiert mir hoffentlich nicht mehr so ein Fehler”, kann Siegl die Selbstkritik nicht ganz lassen.