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Phönix aus der Asche

Mittwoch, 17. Juli 2024 / Paris 2024
 

1500 Meter. Laut Raphael Pallitsch eine „elendige Disziplin!“ Mit dem gleichen Adjektiv lässt sich seine sportliche Karriere beschreiben. 2012 verpasste der Wiener die Olympischen Spiele in London um 0,37 Hundertstel. 2015 musste der heute 34-Jährige die Laufschuhe an den Nagel hängen. „Für mich war das Schlimmste, nicht selbstbestimmt aufhören zu können“, sagt Pallitsch. 

Sein Körper war am Ende, die Schmerzen wollten eine lange Zeit nicht weggehen. „Ich war bei Ärzten und probierte unzählige Therapien. Viele haben mir vorausgesagt, dass es mit meiner Sportkarriere ein für allemal zu Ende war. Irgendwann habe ich es auch eingesehen und meinen Frieden damit gemacht. Ich habe akzeptiert, okay, du warst nicht bei den Olympischen Spielen“, erklärte Pallitsch mit gebrochener Stimme und Tränen in den Augen. Dann herrschte eine Minute lang Stille. Qualvoll waren die Erinnerungen an die Vergangenheit. Überwältigend die Gedanken an die Zukunft.

„Ich bin eigentlich nicht so nah am Wasser gebaut. Aber ich hätte nie geglaubt, dass ich diese (Olympia-)Tür doch einmal aufmachen kann. Wenn man sieht, was ich geopfert habe: In eine kleinere Wohnung gezogen, meinen Job als Sport- und Theologie-Lehrer im Gymnasium gekündigt und alles auf eine Karte gesetzt. Das ist Wahnsinn!“ So auch sein Training für das Olympia-Ticket. 

Auf Messers Schneide 

Bis zu sechs Stunden Training pro Tag. 100 bis 160 Kilometer Laufen pro Woche. 45 Kilometer davon in sehr schnellem Tempo — Mehr als 19 Kilometer pro Stunde mit einem Schnitt von 3,10 bis 2,30 Minuten pro Kilometer. Sieben Tage pro Woche. „Das Ziel muss sein, dass ich nicht mehr weiterlaufen kann, denn in den dreieinhalb Minuten im Wettkampf wird die körperliche Belastbarkeit auch bis ins Letzte ausgereizt. Es ist ein täglicher Balanceakt: Wie viel Training kann man aushalten und wie viel kann man auf der letzten Kante trainieren.“

Trotz der Anforderungen ist die Dichte an Läufern in kaum einer anderen Disziplin so hoch. „Es gibt wahrscheinlich bis auf den 100-Meter-Sprint keine Disziplin, wo es schwieriger ist teilzunehmen. Jeder, der ein bisschen Federn lässt, der schafft das nicht.“

Warum Pallitsch sich das trotzdem antut? „Der Begriff der Leidenschaft trifft es sehr gut. Da steckt alles drinnen: Dass ich viel investieren muss, dass ich mich dem hingeben muss, dass ich leiden muss. Aber das, was ich zurückbekomme, die Glücksmomente, sind umso schöner. Die Höhen sind höher und die Tiefen sind tiefer. Das macht den Sport aus“, sagt Pallitsch. 

Alles auf Anfang

Als er vor neun Jahren die Sportwelt hinter sich ließ, tat er das auch mit dem Lauftraining. „Ich habe wirklich gelebt, aber kein zielorientiertes Lauftraining gemacht, nur bisschen Klettern, Radfahren, Rudern, aber ich war weit weg vom Leistungssport.“ Während der fünf Jahre außerhalb des Sports gab es zwei Momente, die Pallitsch bei seinem „mentalen Turbo-Start“ unterstützten. Der erste Moment war mit einem Freund im Urlaub, der ihm einredete, es noch einmal zu versuchen. Der zweite war mit seiner Freundin auf einem Berg. Dort kam Pallitschs Motivation zurück und die beiden konkretisierten seinen damals „verrückten“ Plan. 

Mit dem sechsten Platz bei der EM im Mai, begann Pallitsch sich ernsthafte Hoffnungen auf die Qualifikation zu machen. Vor einigen Wochen war es dann fix, der 34-Jährige ist bei den Olympischen Spielen dabei. Gefeiert wurde mit seiner Freundin und dem Freund, die vor Pallitsch wussten, dass er das Zeug zum Olympioniken hatte. „Wir haben zusammen angestoßen und ich habe seit langem wieder ein Achterl getrunken. Es hätte auch ein Kaffee für mich sein können“, erzählt Pallitsch lachend. „Was mich aber am meisten freute, waren die herzlichen Nachrichten von Freunden und Lauf-Kollegen, die ich bekommen habe. Teilweise waren ganze Romane dabei und ich war völlig überwältigt von den vielen Wünschen und Gratulationen. Ein Reporter hat mich vor drei Jahren gefragt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sei, dass ich die Quali schaffe. Ich sagte ihm damals: 1 Prozent.“

Die besten Bilder der LOTTERIEN Farewell-Feier.

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