"Wir müssen es schaffen, als Topfavorit zu Olympia zu fahren"
Zwei Bewerbe sind schon geschlagen, einer steht für Österreichs Schützenteam noch an. Sylvia Steiner wird im Pistolen-Bewerb versuchen, den Finaleinzug nachzuholen, den sie mit der Luftpistole sowie Martin Strempfl mit dem Luftgewehr nicht gelungen ist.
Nationaltrainer Wolfram Waibel jr. sah die Leistung der beiden rot-weiß-roten Schützen trotz Aus in der Qualifikation nicht schlecht, bei den engen Verhältnissen im Sportschießen könne das immer passieren, weiß der zweifache Olympia-Medaillengewinner. Er macht aber auch keinen Hehl daraus, dass für beide eigentlich mindestens der Finaleinzug angedacht war. Hohen Zielen verwehrt sich Waibel ohnehin nicht, wie er im Gespräch beweist.
Wie waren die bisherigen Auftritte unserer Schützen zu bewerten?
Wolfram Waibel jr.: Wenn man die Leistung der beiden anschaut, dann war das recht gut, nicht auf dem genialen Niveau das sie können, aber sehr gut. Aber natürlich wenn man bei den Oylmpischen Spielen ist, will man natürlich diese Medaillen. Als Minium war eigentlich schon das Finale angedacht. DAs muss man sagen, das haben wir nicht erreicht, das ist sicher leicht enttäuschend. Aber man kann nicht sagen, dass die Leistung nicht gepasst hätte. Sie haben keinen richtigen Lauf gehabt, gleichzeitig haben die anderen gut geschossen. Die Plätze 13. und 15. sind in diesem Feld nicht so schlecht, das ist eben Spitzensport. Was wir in Österreich aber vor allem noch schaffen müssen ist, dass wir eigentlich fast als Topfavorit zu solchen Events fahren. Das dann zu bestätigen, ist natürlich schwierig genug, aber das müssen wir eigentlich lernen. Aus ihren Möglichkeiten haben die beiden schon sehr viel gemacht. Der bessere Bewerb von Sylvia kommt ja noch, da bin ich immer noch positiv und hoffnungsvoll, dass da etwas ganz Großes gelingt. Man muss die Zeiten noch besser nutzen, damit man als Top-Favorit hierher kommt.
Wie kann das gelingen?
Waibel: Das fängt schon bei den ganz jungen Schützen an. Man müsste bereits in den Landesverbänden versuchen, sehr strukturiert nur in Richtung Weltklasse zu arbeiten. Das machen auch manche, wie etwa die Tiroler, die da immer positiv zu nennen sind, aber nicht unbedingt in allen neun Bundesländern sieht das so aus. Es ist natürlich schwierig, weil die Vereine klein sind und wir kommen aus einer traditionellen Ecke, nicht jeder Schütze hat gleich dieses Spitzensportdenken in sich. Ich denke, dass es an diesem Punkte ein wenig krankt. Wenn man sie dann relativ spät in den professionellen Bereich bekommt, klappt es dann halt oft nicht mehr, alles aufzuholen, selbst wenn die Sportler talentiert und voll motiviert sind. Auftritte wie hier bei Olympia bringen aber den Vorteil, dass die Leute hungrig werden.
Welche Maßnahmen werden verfolgt, um diesbezüglich anzusetzen?
Waibel: Da ist schon viel angelaufen. Wir haben ja vor einem Jahr einen relativ großen Schnitt gemacht, um jetzt einfach noch intensiver auf die junge Generation zu setzen. Das schmerzt natürlich diejenigen, die derzeit gut sind, aber wenn die Jungen stärker werden, dann hat die ältere Generation nur zwei Möglichkeiten: Entweder fühlen sie sich so angestachelt, selbst noch besser zu werden, oder sie müssen akzeptieren, dass sie irgendwann nicht mehr dabei sein werden, weil sie es nicht mehr schaffen. Diesen Konkurrenzkampf haben wir bewusst versucht zu züchten und das verfolgen wir auch nun weiter. Das Problem ist nur, dass es in unserer Sportart vermutlich zehn Jahre, dauert, bis das wirkt. Man kann nur hoffen, dass uns da die Energie nicht ausgeht, weil das ja ständig von unten immer wieder schwierige Entscheidungen bedarf und auch guter Ideen. Meine Trainerkollegen Christian Planer, Hubert Pichler und Hermann Rainer sind da intensiv dahinter, das gemeinsam zu entwickeln. Unser großer Vorteil ist dabei auch, dass wir sehr unterschiedliche Trainer sind und dadurch das gesamte Spektrum unseres Sports abdecken.
Wie weit ist man da schon?
Waibel: Diese Entwicklung findet bereits statt. Mit Rebecca Köck und Sheileen (Waibel, Anm.) und einigen anderen klopfen wir da schon an der Weltspitze an. Beim letzten Weltcup und der EM waren wir sehr gut vertreten und konnten auch einige Medaillen machen. Der Weg stimmt jedenfalls, aber wir werden noch Zeit brauchen.
Braucht es neben Zeit noch etwas?
Waibel: Man muss schon sagen, dass man sich beim Bundesheer bedanken muss, ohne das unsere Sportart nicht möglich in Österreich. Das war schon zu meiner Zeit so. Dort wird einem die Zeit gegeben, um wie ein Vollprofi trainieren zu können. Jetzt hapert es vielleicht noch an den finanziellen Mitteln, aber man hat die Möglichkeit fleißig zu trainieren. Dadurch haben wir schon das Grundgerüst, damit maximal motivierte Sportler es auch ganz nach oben schaffen können.
Wie sieht es für die nähere Zukunft aus, Stichwort Paris?
Waibel: Ihre persönlichen Planungen machen die SportlerInnen ja selbst, aber wir haben die LAP-Gruppe gegründet. Das steht für “Lust auf Paris”, kommt aber auch von Los Angeles (LA) und Paris (P). In dieser Gruppe sind ein paar Junge drinnen, die die Arrivierten anstupsen sollen. Wir wollen, dass sie sich im Idealfall schon für Paris qualifizieren und dann in Amerika bereit sind für die Medaillen. Was natürlich nicht heißen soll, dass wir uns in Paris gegen eine Medaille wehren würden. In unserer Sportart ist es wirklich so, dass man Zeit und Erfahrung braucht. Das Niveau wird höher und höher, deshalb sollte man den Jungen jetzt auch diese Zeit gönnen. In Amerika können wir dann schimpfen, wenn wir nichts holen.
Klare, ambitionierte Ziele, die so auch selten geäußert werden.
Waibel: So muss es doch sein. Wenn man Topfavorit ist, ist es ja immer noch schwer genug, das umzusetzen. Aber wenn man nicht einmal die Fähigkeit hat, sich in diese Position zu bringen, muss man ja immer hoffen, dass die anderen nicht gut sind. Man muss schon das eigene Leistungsvermögen nach oben schrauben. Ich weiß schon, dass es nicht ganz einfach ist. Ich habe ja selbst die Goldene nicht geschafft, bin trotz Gesamtweltcupsieg, Eurpameistertiteln und Weltrekord bei Olympia “nur” Zweiter geworden. Das kann man jetzt so oder so sehen und ich bin auch sehr glücklich darüber, Olympia-Zweiter geworden zu sein. Aber es kann ja nicht das Ziel sein, dass du mit dem Zweiten immer zufrieden bist. Du willst ja auch mal gewinnen.