Bereit für den großen Coup
Mit großen Erwartungen nahm die österreichische Spring-Equipe vor ein paar Wochen den Nationenpreis im polnischen Sopot in Angriff. Was zunächst als wichtige Station im Zuge der Olympia-Vorbereitung auserkoren wurde, sollte trotz Rang sechs am Ende einige Leute nervös machen. Teamleader Max Kühner, die aktuelle Nummer drei der Welt, musste mit seinem EIC Up Too Jacco Blue auf die zweite Runde verzichten. Die Hiobsbotschaft nach erstem Röntgen: Handbruch!
„Ich war immer positiv, alles andere war kein Thema für mich. Es hat sich trotz der Verletzung nicht danach angefühlt, dass ich trotz Operation von meinem Weg abweichen müsste“, verrät Kühner. Selbst ein Mittelhandknochenbruch, der mit einer Titanplatte und acht Schrauben in der rechten Hand operativ versorgt werden musste, brachte den 50-Jährigen nicht aus der Fassung. Eine Woche nach der Operation lenkte Österreichs Nummer eins im Springreiten Elektric Blue P auf der Global Champions Tour in Stockholm durch den 1,60-Meter-Grand-Prix-Parcours, für das Duo war es die letzte große Olympia-Generalprobe. Weiter Spitzenplätze mit anderen Pferden auf der großen Bühne sollten folgen.
„Wenn das gegeben ist, sind wir zufrieden.“
Es lässt sich nicht leugnen, dass der Wahl-Tiroler auch bei den Olympischen Spielen in Paris 2024 als Medaillenmitfavorit zählt: „Ob ich es annehme, oder nicht – Fakt ist, dass ich mich sehr gut fühle und mich richtig freue, nach Paris zu fahren. Ich hoffe, dass das bei ‚Blue‘ auch so ist. Er ist zuletzt super gesprungen und richtig gut drauf. Wir wollen einfach unseren Job gut machen, dann sehen wir, was rausschaut“, sagt Kühner und ergänzt: „ Wir haben es lange versucht, uns für Olympia zu qualifizieren. Bei uns ist das im Einzel kompliziert. Soll heißen, dass ich zwar die Nummer drei der Welt sein, aber trotzdem nicht fix in Paris reiten kann. Einigen gute Springreiter:innen ist das zum Verhängnis geworden. Es ist umso schöner, dass wir es mit dem Team geschafft haben, es ist etwas Besonderes. Wir haben uns als Team super entwickelt und haben letztes Jahr mit EM-Bronze gezeigt, dass wir bei einem guten Verlauf überraschen können.“
Die Pferdesportbewerbe werden bekanntlich direkt vor dem geschichtsträchtigen Schloss Versailles ausgetragen. Kühner hat schon viele coole Locations auf der ganzen Welt gesehen, aber zählt das Venue in Paris zu den persönlichen Hotspots? „Es ist sicher schön dort, aber es gibt andere Dinge, die wichtiger sind. Entscheidend sind die Verhältnisse für unsere Pferde. Die Bodenqualität soll passen und es muss genug Platz für Erholung sein. Wenn das gegeben ist, sind wir zufrieden. Im Schlosspark von Versailles ist es grün, da werden auch die Pferde ihre Freude und neben Bewerb Zeit zum Relaxen haben.“
DIE KUNST DES PARCOURSBAUENS
Wie auch im Skisport haben auch die verschiedenen Parcoursbauer im Springreiten ihre eigene Handschrift. Kühner & Co. haben den Stil des Franzosen Gregory Bodo und des Spaniers Santiago Varela Ullastres in den letzten Wochen genau beobachtet, bewertet und sich ihr Bild gemacht. „Wir wissen, wer die Parcoursbauer sein werden. Den letzten Parcours, den der Franzose gebaut hat, konnte ich in St. Tropez gewinnen. Er tastet sich auch heran und probiert im Vorfeld einige Dinge aus. Ich habe ein paar Dinge gesehen, die er abgefragt und einmal versucht hat. Das lässt man natürlich auch ins Training miteinfließen. Ich bin überzeugt, dass wir sehr gut vorbereitet sind“, so die Nummer drei der Welt. Beim Olympia-Bewerb werden insgesamt 75 Reiter:innen am Start sein – 20 Teams zu je drei Reiter:innen und 15 Einzelreiter:innen.
EINE GROSSE VERTRAUENSGESCHICHTe
Kühners Sportpartner Elektrik Blue P wird auf dem Landweg nach Paris übersiedeln. Er wird von Mariella Offner, seiner langjährigen Pflegerin begleitet. „Die beiden sind ganz eng miteinander. Mariella betreut ihn seit vielen Jahren und ist bei allen Turnieren an seiner Seite. Sie ist ‚Blue‘ am nächsten, ist die erste und die letzte, die ihn am Tag sieht. Es ist eine große Vertrauensgeschichte und ihr Input ist dann immer sehr wertvoll. Wir tauschen uns da immer sehr gut aus. Sie hat ein super Gespür für Pferde.“
Der neue Olympia-Modus befeuert die rot-weiß-roten Hoffnungen. Der Olympische Teambewerb Paris 2024 startet am 1. August in Versailles. 20 Nationen kämpfen um zehn Finalplätze. Es gibt kein Streichresultat. Am nächsten Tag beginnt der Teambewerb wieder bei null, es gibt nur einen Umlauf. Der Einzelbewerb beginnt für alle 75 Paare nach zwei Tagen Pause ebenfalls wieder bei null.