Nach der Saison ist vor der Saison
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Österreichs Olympiarodler werden der Erfolge nicht müde und liefern ein Jahr vor den Olympischen Winterspielen eine beeindruckende Saisonbilanz ab. Der Tiroler Christian Eigentler, seit April 2022 Cheftrainer der heimischen Kunstbahn-Asse, spricht über Saisonhöhepunkte, den internen Konkurrenzkampf, Cortina und den Fahrplan für die kommenden Wochen.
Fünf WM-Medaillen, davon zwei aus Gold, dazu drei Titel und insgesamt acht Mal Edelmetall bei der Europameisterschaft und mit 21 Siegen und insgesamt 46 Top 3-Plätze in den olympischen Disziplinen die erfolgreichste Weltcupsaison überhaupt – was waren deine persönlichen Highlights, welche Leistungen stechen für dich nochmals hervor?
Christian Eigentler: „Was die Konstanz und das rodlerische Niveau betrifft auf jeden Fall Selina Egle und Lara Kipp. In einer Saison den Welt- und Europameistertitel einzufahren und dazu den Gesamtweltcup abzuräumen, da kann man nur den Hut ziehen. Wenn sie den Sommer nützen und vor allem ihre Startleistung weiter verbessern, haben sie auch in weiterer Zukunft alle Möglichkeiten. Herausragend waren für mich persönlich auch die Auftritte von Wolfgang Kindl, speziell in Pyeongchang, wo er als zweiter Rodler in der Geschichte am selben Tag im Einzel und im Doppelsitzer siegreich war. Wenn man seine Vorgeschichte berücksichtigt - erst die schwere Erkrankung im Herbst (Anm: Pfeiffersches Drüsenfieber), dann der wilde Sturz in Altenberg - und weiß, dass er athletisch in dieser Saison nicht annähernd auf seinem üblichen Niveau war, unterstreicht das Wolfis Einstellung und rodlerische Extraklasse noch viel mehr.“
Auffällig waren auch die unbekümmerten Auftritte von Barbara Allmaier und Dorothea Schwarz, die ihre erste komplette Saison in der allgemeinen Klasse bestritten haben und den internen Konkurrenzkampf bei den Damen zusätzlich befeuern.
Eigentler: „Stimmt, beide haben voll überzeugt und natürlich auch Lunte gerochen. Dazu Hannah Prock, die bei ihrem Comeback mit einem dritten Rang ebenfalls aufzeigen konnte, Lisa Schulte und Madeleine Egle. Damit rodeln fünf Damen um drei Olympiaplätze, diese Qualität und Breite hat es in unserem Damenteam schon lange nicht mehr gegeben.“
Wenn man nach dem Haar in der Suppe suchen würde, wo gibt es noch Optimierungsbedarf?
Eigentler: „Da müssen wir nicht lange suchen und es bleibt auch nicht bei einem Haar (lacht). Wir geben in der Bahn über weite Strecken den Top-Speed vor, sind aber nicht konstant genug. Daran müssen wir arbeiten, auch am Start muss ein weiterer Schritt folgen.“
Ihr seid dem Ziel, Deutschland als führende Rodelnation den Rang abzulaufen wieder ein Stück nähergekommen, wie zuversichtlich bist du, dass die Wachablöse im Olympiajahr klappt?
Eigentler: „Das ist das Ziel und der Prozess, den wir gemeinsam seit bald drei Jahren mit Nachdruck vorantreiben. Wir wollen bei den Olympischen Spielen 2026 die erfolgreichste Rodelnation sein, dürfen neben Deutschland aber auch nicht die starken Letten, das US-Team oder die Italiener unterschätzen.“
Im März soll die Homologierung der Olympiabahn in Cortina über die Bühne gehen. Gibt es diesbezüglich ein Update?
Eigentler: „Das erwarten wir im Laufe dieser Woche. Fakt ist, dass die Homologierung noch in diesem Frühjahr über die Bühne gehen sollte, sonst wird´s mit dem Zeitplan knapp. Wenn es dann hoffentlich so weit ist, werden wir vor Ort durch Lisa Schulte vertreten sein.“
Sollte der Bahnbau in Cortina nicht rechtzeitig abgeschlossen werden, wurde Lake Placid als Ersatz ins Spiel gebracht.
Eigentler: „Absurd, wenn man bedenkt, dass es auch in der gleichen Zeitzone und wesentlich näher Alternativen gibt. Aber abgesehen davon haben die Aktiven diesbezüglich ohnehin kein Mitspracherecht.“
Abschließend, wie gestalten sich die kommenden Wochen, wann werden die Ärmel wieder hochgekrempelt, wie sieht der Sommerfahrplan aus?
Eigentler: „Zurück in Österreich leiten wir den Analyseprozess ein und testen dann noch eine Woche in Lillehammer. Anfang April steigen wir mit der Leistungsdiagnostik und den obligatorischen sportmedizinischen Untersuchungen wieder ein. Wir werden die Vorbereitung wieder in Blöcken abarbeiten und der Mannschaft zwischenzeitlich auch ruhigere, regenerative Phasen gönnen.“