Von Paris nach LA
Noch 1.333 Tage bis zur Eröffnung der Olympischen Spiele Los Angeles 2028. Diese drei Jahre, sieben Monate und 25 Tage wollen das Österreichische Olympische Comité und die Bundes-Sportfachverbände der olympischen Sommersportarten optimal nutzen. Deshalb lud das ÖOC am Mittwoch zum Olympic Workshop mit dem Titel „Von Paris nach L.A.“ ein. Ein Überblick mit Rückblick und Ausblick.
Zum Olympic Workshop im Hotel SO/ Vienna am Wiener Donaukanal eingeladen waren Vertreter:innen aller 37 Bundes-Sportfachverbände von Badminton bis Volleyball, die in Los Angeles 2028 olympisch sein werden. Darunter selbstverständlich auch jene 19 Verbände, die in Paris 2024 mit dabei waren. „Fünf Medaillen, zwei davon in Gold, dazu weitere 20 Top-Ten-Platzierungen. So haben wir uns von Rio, über Tokio nach Paris im Medaillenspiegel stets nach vorne schieben können. Von 78 auf 53 auf 36. Die Entwicklung gibt uns recht: Seit der Nullnummer in London 2012, geht unser gemeinsamer Weg mit den Bundes-Sportfachverbänden und den sechs Olympiazentren Austria im Athlet:innen-Management auf“, erinnerte ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel einleitend an die gemeinsamen Erfolge.
Mennel weiter: „Im Namen des Österreichischen Olympischen Comités bedanke ich mich sehr herzlich bei euch allen für die hervorragende Zusammenarbeit. Ebenso gilt der Dank dem Netzwerk der Olympiazentren Austria und den angeschlossenen Untersuchungsstellen, die als zentrale Trainingsstätten einen wertvollen Beitrag geleistet haben. Auf dem Weg zu den Olympischen Spielen im Sommer haben mehr als 70 Prozent der österreichischen Teilnehmer:innen Leistungen in einem Olympiazentrum in Anspruch genommen. Diesen gemeinsamen Erfolgsweg gilt es jetzt auch Richtung Los Angeles fortzusetzen.“
Streben nach Exzellenz
Der top-besetzte Workshop mit Präsentationen, Analysen, Gesprächsrunden und einem Working-Lunch zum informellen Austausch im SO/ Vienna folgte dem Strategieausschuss der Olympiazentren Austria, der in der Vorwoche in Vorarlberg stattgefunden hatte.
ÖOC-Sportdirektor Christoph Sieber erklärt: „Im Sinne des Strebens nach Exzellenz – einer der herausragenden Olympischen Werte – geht es uns als ÖOC darum, gemeinsam auf Paris zurückzublicken, zu analysieren und Lehren zu ziehen. Und natürlich auch positive Best-Practice-Beispiele hervorzuheben. Nach dem Strategieausschuss der Olympiazentren Austria in der Vorwoche in Vorarlberg, bei dem der gemeinsame Weg besprochen wurde, ging es uns im Olympic Workshop in Wien auch darum, diese angebotenen Serviceleistungen im Detail mit den Bundes-Sportfachverbänden, abzustimmen.“
Die Paris-Analyse aus Sicht der Olympiazentren Austria mit allen Zahlen, Daten und Fakten rund um das Olympic Team Austria präsentierte Prof. Christian Raschner, Leiter des Olympiazentrums Campus Sport Tirol Innsbruck. Danach leitete der ÖOC-Sportdirektor die Gesprächsrunde der Sportdirektoren Segeln, Klettern und Judo, die in Paris Medaillen gewinnen konnten.
Evaluierung aller Prozesse
Sportdirektor Matthias Schmid, selbst dreifacher Olympiateilnehmer in der 470er-Klasse: „Dass wir unsere Paris 2024-Kampagne vor Marseille so erfolgreich abschließen konnten, machen wir an drei Punkten fest: Erstens ist es uns gelungen, den absoluten Fokus auf die Vorbereitung und final die olympischen Bewerbe nicht zu verlieren. Über drei Jahre lang haben wir als Verband selbst und in der Schlussphase der Kampagne auch in enger Zusammenarbeit mit dem ÖOC ein perfektes Umfeld und Set-Up vor Ort kreiert, um unsere Ziele zu erreichen. Zweitens herrscht im Verband ein bedingungsloses Commitment zum Spitzensport und drittens haben wir es in allen Bereichen – von Coaching bis Material – geschafft, internationales Know-how auf absolutem Top-Niveau einzubauen und zu unserem Vorteil zu nutzen.“
Mit Blickrichtung LA sagt Schmid: „Für die anstehende Los Angeles 2028-Kampagne haben wir uns an die Fahnen geheftet, eine noch engere Überwachung und Evaluierung aller unserer Prozesse durchzuführen. Damit wollen wir Herausforderungen noch früher erkennen, einordnen und entsprechend lösen. Aufgrund unserer schlanken Hierarchie und der direkten Wege sind wir maximal flexibel, um notwendige Veränderungen kurzfristig – aber immer überlegt – durchzuführen.“
Viel Talent, voller Fokus
Heiko Wilhelm, Geschäftsführer des Österreichischen Kletterverbandes erinnert sich gerne an Paris: „Die Spiele waren in ihrer Atmosphäre und Anspannung für uns einzigartig. Nach Tokio nochmals ganz anders – vor allem wegen der vielen Fans, der Euphorie, dem Jubel und dem Interesse der französischen Bevölkerung. Danke auch an das ÖOC-Team für die tolle Unterstützung vor Ort und im Vorfeld. Aber auch an die vielen Personen, die uns beim Wettkampf unterstützt haben!“
Das Geheimnis des Erfolges von Climbing Austria? Wilhelm: „Wir hatten das Glück, mit zwei außergewöhnlichen Athlet:innen an den Spielen teilzunehmen. In erster Linie ist es ihr Verdienst. Jessica Pilz und Jakob Schubert gehören schon seit mehr als einem Jahrzehnt zur absoluten Weltspitze. Beide bringen das oft schwer erkennbare Etwas mit, das es braucht, um erfolgreich zu sein. Wir als Team haben lediglich versucht, ein Umfeld zu bieten, sodass sie ihr Training und ihre Vorbereitung optimal gestalten konnten. Dass es keine Ablenkung gibt. Dass sie den für sich erforderlichen Fokus legen können. Druck herausnehmen, wenn es erforderlich ist, mehr Support, wenn dieser gebraucht wird.“
Richtung LA 2028 sagt Wilhelm: „Wie nach Tokio ist aktuell wichtig abzuklären, wo die Reise hingeht, was wir erwarten können. Wir müssen zwischen breiter Vorbereitung und gezielter Individualisierung für die Disziplinen einen möglichst optimalen Spagat schaffen. Für Pilz und Schubert wird die Disziplinen-Entscheidung, ob es Medaillen im Lead und im Bouldern geben wird, oder ob es ein Kombi-Bewerb bleibt, ausschlaggebend sein, wie sie es Richtung 2028 angehen werden. Für unseren Nachwuchs wird es eine besondere Phase. Die Strategie des Verbandes ist bis Brisbane 2032 ausgelegt, mit LA als Zwischenstopp!“
Radikaler Umbau im Judo
„Wir haben unser Leistungssportkonzept 2020 radikal umgestellt. Das Ziel war, sich mittelfristig – bis Los Angeles 2028 – ideal aufzustellen“, verriet Judo-Austria-Sportdirektor Markus Moser.
Die drei Kernpunkte: „Erstens: Die Schaffung eines Bundesstützpunktes am Olympiazentrum Oberösterreich in Linz, um den Großteil der qualitativ hochwertigen Trainingseinheiten gemeinsam – mit den stärksten Athlet:innen – durchführen zu können. In der Regel wird drei Tage auf der Gugl trainiert. Zweitens: Wir haben auch den Trainerstab entscheidend verändert und neue Auswahlkriterien definiert. Dass wir mit Headcoach Yvonne Snir-Bönisch einen Lotto-Sechser gelandet haben, ist unbestritten. Auch Robert Krawczyk und Felipe Kitadai waren als Aktive absolute Weltklasse. Sie haben unserem Kader den Weg Richtung Olympia-Medaillen vorgezeigt. Drittens: Wir haben die Kompetenzen des Bundesstützpunktes und der Landesstützpunkte beziehungsweise der Vereinstrainer noch klarer definiert und die Kommunikation untereinander gestärkt. Speziell auf Paris gemünzt haben wir die Olympia-Vorbereitung unserer sechs Olympia-Starter:innen so gut wie möglich individuellen Bedürfnissen angepasst. Die als Nummer drei gesetzte Michaela Polleres hatte zum Beispiel deutlich weniger Kampf-Einsätze als Lubjana Piovesana. Auch die Trainingseinheiten wurden sehr individuell gestaltet. Das hat sich jetzt bereits zum zweiten Mal hintereinander mit einem Medaillengewinn bezahlt gemacht. Unser großes Ziel für 2028: Erstmals in der Verbandsgeschichte wollen wir bei drei aufeinanderfolgenden Olympischen Spielen mit Edelmetall nach Hause kommen. Wir sind zuversichtlich, dieses Ziel in Kalifornien schaffen zu können.“
Los Angeles, wir kommen!
Florian Gosch, der designierte Generalsekretär des ÖOC, begrüßte nach einer kurzen Mittagspause zum zweiten Teil des Workshops bei dem es um die Angebote des ÖOC, der Olympiazentren Austria, Kooperationsmöglichkeiten, Best Practice-Beispiele und um einen ersten Ausblick auf Los Angeles 2028 ging.
Christoph Sieber und Ingemar Mayer (ÖOC, Leiter Games Preperation) präsentierten gemeinsam alles Wissenswerte rund um die Olympischen Spiele 2028. Sportstätten, Klima, Zeitverschiebung und Vorbereitung vor Ort. „Wir teilen am Beginn dieses Weges nach LA vorhandenes Wissen, damit alle Beteiligten die Gegebenheiten vor Ort in ihre Planungen miteinbeziehen können. Wie sehen die Venue-Pläne aus? Wo ist das Olympische Dorf? Wo sind die Außenstellen, wie zum Beispiel die Kanu-Sportstätten in Oklahoma? Einige Venues sind auch noch nicht fixiert, wie beispielsweise Pferdesport. Wir wissen derzeit nur, dass diese Bewerbe außerhalb von Los Angeles geplant sind“, beschreibt ÖOC-Sportdirektor Sieber.
Neue Disziplinen wie Coastal Rowing und Änderungen wie eine von 2.000 auf 1.500 verkürzte Ruderstrecke waren ebenso Thema, wie die logistischen Herausforderungen, was die Anreise über den großen Teich und die Distanzen in den USA betrifft. „Es ging uns auch um das Einschwören der Verbände auf die administrativen Abläufe, die Roadmap der Vorbereitungen, sowie das Festlegen einer Timeline für nationale Qualifikationen“, ergänzt Sieber.
Gaby Madlener, ÖOC-Beauftragte für die Olympiazentren Austria, präsentierte die aktuellen Leistungen und Angebote der Olympiazentren Vorarlberg, Campus Sport Tirol Innsbruck, Salzburg-Rif, Kärnten, Oberösterreich und Niederösterreich für die nationalen Verbände und deren Athlet:innen. „Nach 14 Jahren Arbeit ist das Netzwerk der Olympiazentren Austria stark und sind ihre Angebote qualitativ hochwertig geworden. Das Feedback der Fachverbände und der Athlet:innen, die die umfassenden Angebote der Olympiazentren nutzen, trägt dazu bei, täglich besser zu werden“, erklärte Madlener. Apropos besser werden. Auch das Teamworks AMS – Athlete Monitoring System, ein digitales Angebot des ÖOC an alle olympischen Verbände wurde detailliert von Christoph Sieber und dem nationalen Administrator Sebastian Färber vorgestellt.
Florian Gosch fasst zusammen: „In den vor uns liegenden Jahren wollen wir die Qualität in der Betreuung der Athlet:innen erneut weiterentwickeln und kontinuierlich ausbauen, das geht nur gemeinsam. Ich denke, wir haben mit diesem Olympic Workshop zusammen mit den österreichischen Fachverbänden einen ersten Schritt auf dem Weg nach Los Angeles gemacht.“