"Olympia ist die Königsklasse!"
Aller guten Dinge sind drei: Als Kunstturnerin Elisa Hämmerle Anfang Oktober 2019 bei den Weltmeisterschaften in Stuttgart den Olympia-Quotenplatz holte, war die Erleichterung riesengroß.
"Es fühlt sich fast unwirklich an, dass mein Plan endlich voll aufgegangen ist", strahlte die Vorarlbergin bis über beide Ohren.
Zwei Mal war sie knapp gescheitert: für London 2012 reichte es sportlich noch nicht ganz, vor der entscheidenden Qualifikation für Rio 2016 zog sich die 24-Jährige einen Achillessehnenriss zu.
Im Interview spricht Elisa Hämmerle über ihre Achterbahnfahrt nach Tokio, olympische Erfahrungen, Leben und Training in Holland und den neuen Toyota in ihrer Garage.
2020, Olympia-Jahr, Sommerspiele in Tokio – und du bist jedenfalls dabei. Wie fühlt sich das an?
Elisa Hämmerle: Nach der Qualifikation war es noch unglaublich und schwer zu realisieren, aber mittlerweile ist es Realität. Ich habe 2012 die Olympischen Spiele knapp verpasst, 2016 war ich wegen einer Verletzung außer Gefecht. Es ist ein wunderschönes Gefühl, dabei zu sein. Auch weil es keine Unklarheiten gibt und ich mich gezielt vorbereiten kann.
Am Tag der erfolgreichen Qualifikation: Wie ging es dir? Und wie nervenaufreibend war die Wartezeit, ob du es geschafft hast?
Hämmerle: Ich war am ersten Wettkampftag dran und habe meine Leistung gebracht. Im Turnen kann man gut abschätzen, ob es gepasst hat und wer noch gefährlich werden könnte. Das Zuschauen war dann aber doch sehr nervenaufreibend, viel schlimmer, als selbst zu turnen. Man kann nur bangen und hoffen, dass es sich ausgeht. Wir sind zur Ablenkung in den Vergnügungspark nebenan gegangen und Achterbahn gefahren. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Welche Emotionen sind mit der geschafften Qualifikation verbunden?
Hämmerle: Es wurde auf jeden Fall ein Kindheitstraum wahr. Ich durfte bereits 2010 bei den Olympischen Jugendspielen in Singapur teilnehmen, spätestens danach war klar, dass ich unbedingt auch zu den großen Sommerspielen möchte.
Wie sieht es mit deinen Erinnerungen an die YOG 2010 aus?
Hämmerle: Es war eine tolle Zeit und ein überwältigendes Sportereignis! Ich habe es wirklich genossen und vor allem viel Motivation und Freude für meinen weiteren Weg mitgenommen. Und: der Teamspirit war einzigartig, das wird in Tokio hoffentlich genauso sein.
Zwei Mal hat es nicht geklappt für dich mit der Olympia-Qualifikation, 2012 und 2016?
Hämmerle: Ich habe mir 2016 die Achillessehne bei einem Testevent gerissen, einen Tag vor dem Wettkampf. Das war sicher der bitterste Moment in meiner Karriere, weil ich selbst keinen Fehler gemacht habe. Ich bin abgesprungen, gelandet und habe gleich gewusst: da passt etwas nicht! Der Moment, wo man merkt, dass man bei den Olympischen Spielen nicht dabei ist, war sehr, sehr bitter.
Was hast du durch die Verletzung gelernt?
Hämmerle: Mir sind sicherlich die Augen geöffnet worden, insofern als dass ich noch mehr auf meinen Körper höre. Ich habe mir am Weg zurück oft die Frage gestellt: wieso ist das passiert? Nach der Verletzung habe ich mein Training umgestellt und ich bin heute viel sensibler für die Signale meines Körpers.
Tokio 2020, Olympia-Teilnahme, Turnen im Zeichen der fünf Ringe – was löst das in dir aus?
Hämmerle: Ich verspüre vor allem Freude und Motivation. Es ist ein ganz anderes Gefühl, auf die Sommerspiele hinzutrainieren. Die Olympischen Spiele symbolisieren für mich die absolute Königsklasse. Es ist für ganz Besonderes in Tokio an den Start gehen zu können, die erfolgreiche Qualifikation ist bis jetzt das Sahnehäubchen meiner Karriere.
19-fache Staatsmeisterin, EM- und WM-Teilnahmen, Olympia-Qualifikation – du hast in deiner Karriere bereits vieles erleben dürfen. Welche Ziele hast du für 2020, wie sieht dein Fahrplan bis Tokio aus?
Hämmerle: Der Fokus liegt ganz klar auf den Olympischen Spielen 2020, darauf arbeite ich hin. Die Wettkämpfe davor wählen wir uns gezielt aus, um in Tokio das Leistungsmaximum herauszuholen. Deshalb haben wir uns entschieden, die Europameisterschaften im April auszulassen und im Juni beim Weltcup in Kairo zu starten. Die Vorbereitung auf Tokio werde ich großteils in Holland absolvieren.
Du sprichst es an: Holland als Trainingsmittelpunkt – was hat den Ausschlag für diese Entscheidung gegeben?
Hämmerle: Ich bin nach Holland gezogen, um mich bestmöglich auf die Weltmeisterschaft und die Olympia-Qualifikation vorzubereiten. Als ich für das erste Probetraining angereist bin, war es Liebe auf den ersten Blick. Es geht stark um Ausführung, um Präsentation und den Ausdruck im Turnen. Dazu kommt, dass in meiner Trainingsgruppe weitere Athletinnen und Athleten für Tokio qualifiziert sind. Es ist für mich das beste Umfeld, einfach eine perfekte Lösung.
Neu ist auch dein Auto, du fährst seit kurzem einen Toyota. Wie ist es dazu gekommen?
Hämmerle: Mobilität spielt für mich als Sportlerin eine große Rolle. Nach meinem Umzug nach Holland habe ich ein Auto gebraucht. Mit der Unterstützung von Sebastian Manhart, dem Geschäftsführer des Olympiazentrum Vorarlberg, bin ich dann zum Autohaus Walter, einem lokalen Toyota-Händler gekommen. Ich bin sehr froh, dass sie mich mit einem brandneuen Toyota unterstützen.
Wie wichtig ist diese Unterstützung für dich als Sportlerin in der Praxis?
Hämmerle: Es geht vor allem darum, möglichst schnell von A nach B zu kommen. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind da leider keine Option, wenn ich zum Beispiel zu meinem Masseur nach dem Training 1:20 Stunden brauche. Mit dem Auto fahre ich die Strecke in 20 Minuten. Dadurch habe ich mehr Zeit für Regeneration oder andere Dinge.
Apropos Zeit: Wenn wir ein Jahr in die Zukunft blicken würden, was soll vom Jahr 2020 bleiben?
Hämmerle: Ich will auf jeden Fall meine Ziele, die ich mir für Tokio gesteckt habe, erreichen. Es wäre wirklich schön, wenn alles so aufgeht, wie ich mir das vorstelle. Natürlich verletzungsfrei bleiben, das hat oberste Priorität. Meine Familie wird mich vor Ort unterstützen, das ist auch ein Grund warum ich mich auf Tokio freue. Es wird einfach mein großes Highlight 2020!